Forschende: Die Klimaanpassung sollte nicht von der finanziellen Lage der einzelnen Kommune abhängen
Ein Klimaanpassungsgesetz sollte nationale Ziele und Verpflichtungen festlegen, damit die Klimaanpassung nicht von der finanziellen Lage oder den politischen Prioritäten der einzelnen Kommune abhängt, schreiben sechs Forschende in diesem Beitrag.
Besteht ein Bedarf an kohärenten gesetzlichen Regelungen im Bereich der Klimaanpassung?
Für ein Land wie Dänemark, das die Auswirkungen des Klimawandels bereits spürt und auf jahrhundertelange Erfahrungen mit Sturmfluten zurückblicken kann, stellt die Klimaanpassung eine wesentliche Herausforderung dar.
Die Herausforderung besteht in zunehmenden und intensiveren Niederschlägen, steigendem Grundwasserspiegel, Sturmfluten und Meeresspiegelanstieg, die die Infrastruktur belasten und umfassende Maßnahmen erfordern – insbesondere in Küstengebieten.
Eine Durchsicht der neuesten juristischen Fachliteratur zeigt, dass die dänischen Regelungen zur Klimaanpassung auf mehrere Gesetze verteilt sind, darunter das Küstenschutzgesetz, das Wasserlaufgesetz, das Raumordnungsgesetz und das Umweltschutzgesetz. Die Kommunen spielen eine zentrale Rolle bei der Klimaanpassung durch physische Planung und Entscheidungen, oft in Zusammenarbeit mit der Küstendirektion
Die Bürgerinnen und Bürger beteiligen sich finanziell an bestimmten Projekten. Das Klimagesetz konzentriert sich ausschließlich auf die Reduktion von Treibhausgasen, nicht auf die Anpassung an den Klimawandel.
Die Maßnahmen der Kommunen werden durch sektoral getrennte Vorgaben verschiedener Ministerien eingeschränkt, was einen ganzheitlichen Ansatz erschwert.
Das europäische Klimagesetz und die Governance-Verordnung gelten unmittelbar in Dänemark und verlangen aktualisierte Klimaanpassungspläne, die an die EU gemeldet werden müssen. Ohne wirksame Sanktionsmöglichkeiten besteht das Risiko, dass gemeinsame Ziele verzögert werden.
Investitionen in Höhe von 60 Milliarden Kronen
Wie oben erwähnt, stammen die dänischen Strategien und Pläne zur Klimaanpassung, die die Grundlage für die Einhaltung des EU-Rechts und des Pariser Abkommens bilden, aus früherer Zeit. Das wirft die Frage auf, ob Dänemark seinen internationalen und europarechtlichen Verpflichtungen im Bereich der Klimaanpassung gerecht wird.
Im Oktober 2023 veröffentlichte die Regierung einen Entwurf für den „Klimaanpassungsplan I“. Der Plan wurde durch eine politische Vereinbarung ergänzt, 150 Millionen Kronen zu investieren – mit Schwerpunkt auf den dänischen Küsten.
Im März 2025 folgte eine neue politische Vereinbarung, mit der rund 450.000 Gebäude geschützt werden sollen, die durch zu hohen, oberflächennahen Grundwasserspiegel gefährdet sind.
Die Vereinbarung ebnet den Weg für Investitionen in gemeinsame Klimaschutzlösungen in Höhe von insgesamt 60 Milliarden Kronen.
Abwasserentsorgungsunternehmen erhalten nun die Möglichkeit, ganze Stadtgebiete gegen Überschwemmungen durch oberflächennahes Grundwasser zu sichern.
Künftig wird der einzelne Grundstückseigentümer in städtischen Gebieten also nicht mehr allein für diese Aufgabe verantwortlich sein. Das Ministerium für Umwelt und Gleichstellung hat einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der politischen Vereinbarung in die Anhörung gegeben.
Es besteht Bedarf an einem Klimaanpassungsgesetz
Wir sind der Meinung, dass der Gesetzesentwurf ein wichtiger Baustein der Klimaanpassung ist, doch es ist notwendig, die zahlreichen Herausforderungen des Klimawandels ganzheitlich zu betrachten.
Dänemark braucht ein eigenständiges Klimaanpassungsgesetz, das dem Staat und den Kommunen eine bessere Grundlage bietet, um den zunehmenden Klima-Herausforderungen zu begegnen und Klimaanpassung in bestehende Gesetzgebung zu integrieren.
Ein solches Gesetz sollte nationale Ziele und Verpflichtungen festlegen – gegebenenfalls auf Grundlage europäischer Vorgaben – damit Klimaanpassung nicht von der finanziellen Lage oder den politischen Prioritäten einzelner Kommunen abhängt. Das würde eine einheitlichere Umsetzung sicherstellen und verhindern, dass wichtige Maßnahmen zur Klimaanpassung aufgeschoben werden.
Die Finanzierung stellt eine weitere zentrale Herausforderung dar, da viele Klimaanpassungsprojekte erhebliche Investitionen erfordern. Ein Klimaanpassungsgesetz mit stabilen Finanzierungsmechanismen – etwa durch einen nationalen Klimaanpassungsfonds – würde es den Kommunen erleichtern, notwendige Projekte umzusetzen, ohne andere Bereiche der Daseinsvorsorge zu gefährden.
Der kommunale Verkauf von Baugrundstücken in klimatisch gefährdeten Küstengebieten ist leider weiterhin gängige Praxis – eine Methode, mit der Kommunen Einnahmen für z. B. den Sozialbereich erzielen.
Finanzierungsinspiration bietet auch der Gesetzesentwurf zur Bewältigung von oberflächennahem Grundwasser, bei dem Abwasserentsorgungsunternehmen die Aufgabe erhalten, Maßnahmen zur Absenkung des Grundwassers durchzuführen und die Investitionen (teilweise) über die regulären Abwassergebühren zu finanzieren, die von den angeschlossenen Verbrauchern im Versorgungsgebiet gezahlt werden – also eine kollektive, grundstückseigentümerfinanzierte Lösung.
Der Gesetzesentwurf, der im November 2024 in die Anhörung ging, soll im Sommer 2025 in Kraft treten.
Ein Klimaanpassungsgesetz sollte eine deutlich bessere Koordination zwischen Kommunen und Staat gewährleisten – sowohl bei Investitionen in Infrastruktur als auch im Katastrophenschutz. Der erste nationale Klimaanpassungsplan ist ein Schritt in diese Richtung, doch das Thema sollte höher priorisiert werden.
Der Klimawandel macht nicht an Gemeindegrenzen halt – ohne verbindliche Zusammenarbeit riskieren wir eine fragmentierte und ineffiziente Klimaanpassung.
Wenn eine Kommune in Hochwasserschutz investiert, die Nachbarkommune jedoch nicht, werden die Probleme lediglich verlagert, statt gelöst.
Ein Gesetz, das interkommunale Zusammenarbeit unterstützt, würde ganzheitliche und wirksame Lösungen ermöglichen.
Nationale Werkzeuge
Klimaanpassung muss sowohl in die zukünftige als auch in die bestehende Stadtentwicklung integriert werden. Neue Wohn- und Gewerbegebiete sollten mit Blick auf den Klimawandel geplant werden, damit sie nicht anfällig für Meeresspiegelanstieg, Starkregen oder Hitzewellen sind.
Doch Klimaanpassung betrifft nicht nur Neubauten – die Gesetzgebung sollte auch bestehende Wohngebiete einbeziehen.
Es ist entscheidend, soziale Aspekte von Anfang an mitzudenken, damit Klimaanpassung nicht zu Klimagentrifizierung führt, bei der benachteiligte Gruppendurch steigende Immobilienwerte und höhere Wohnkosten aus ihren Vierteln verdrängt werden.
Ein Klimaanpassungsgesetz sollte sich daher nicht nur auf technische Lösungen und Infrastruktur konzentrieren, sondern auch eine gerechte und inklusive grüne Transformation sicherstellen.
Ein solches Gesetz könnte den Staat verpflichten, nationale Werkzeuge bereitzustellen, damit Kommunen nicht bei null anfangen müssen.
Das würde Ressourcen sparen, die Qualität der Klimaanpassung verbessern und die Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Lösungen fördern.
In Dänemark sind wir hier bereits ein gutes Stück vorangekommen – mit Datenbanken und Werkzeugen wie HIP, KAMP, dem Klimaatlas und dem Küstenplaner 2120.
Dänemark braucht ein Klimaanpassungsgesetz, das nicht nur eine Richtung vorgibt, sondern auch die notwendigen Strukturen und finanziellen Rahmenbedingungen schafft, damit Kommunen Bürgerinnen und Bürger, Infrastruktur und Natur vor den Folgen des Klimawandels schützen können.
Ohne ein solches Gesetz riskieren wir, schlecht auf zukünftige extreme Wetterereignisse vorbereitet zu sein – mit potenziell deutlich höheren Schäden und Kosten.
Wenn wir das Klimagesetz ohnehin überarbeiten
Bevor weitere Gesetze im Bereich der Klimaanpassung ausgearbeitet werden, sollte die Reduktion von Treibhausgasemissionen, der Naturschutz und die Klimaanpassung gemeinsam in den nächsten integrierten dänischen Klima- und Energieplan für die Europäische Kommission gedacht werden.
Übergeordnete Rahmenbedingungen für Emissionsminderung, Klimaanpassung und Naturschutz sollten in das kommende überarbeitete dänische Klimagesetz aufgenommen werden, das voraussichtlich im Laufe des Jahres 2025 verabschiedet wird.
Wie oben beschrieben, berücksichtigt das derzeitige Klimagesetz ausschließlich die Emissionsreduktion. Im Gegensatz dazu ist das deutsche Bundes-Klimaanpassungsgesetz in seiner Zielsetzung deutlich umfassender.
Und wenn wir das Klimagesetz ohnehin überarbeiten, könnten wir auch das Klimadialogforum des Klimarats reformieren – etwa durch die Einbindung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Bürgerinnen und Bürgern – und das Mandat des Forums so anpassen, dass es den Anforderungen an mehrstufige Klima- und Energiedialoge sowie einer frühzeitigen und echten Öffentlichkeitsbeteiligung entspricht, wie sie im Europäischen Klimagesetz und in der Governance-Verordnung vorgesehen sind.
So könnten wir die Zusammenarbeit mit allen Teilen der Gesellschaft fördern – auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene – unter Einbeziehung der Sozialpartner, der Wissenschaft, der Wirtschaft, der Bürgerinnen und Bürger sowie der Zivilgesellschaft, um Best Practices auszutauschen und Maßnahmen zu identifizieren, die zur Erreichung der Ziele des Europäischen Klimagesetzes beitragen können.
Diese große Aufgabe können die Kommunen nicht allein bewältigen.
Die Änderung der sektoral getrennten Gesetzgebungen auf kommunaler und staatlicher Ebene wäre ein sehr umfangreiches Unterfangen – daher sollte eine Klimakommission eingesetzt werden, die Vorschläge für eine kohärentere Gesetzgebung erarbeitet.
Anschließend sollten ein Klimaanpassungsgesetz sowie ein aktualisiertes Naturschutzgesetz und ein Gesetz zu erneuerbaren Energien ausgearbeitet werden.